Einsatzzahlen steigen – Feuerwehr immer öfter gefordert

Einsatzzahlen steigen – Feuerwehr immer öfter gefordert

„Die Glocke“: Viele Feuerwehren verzeichnen derzeit einen starken Anstieg der Einsatzzahlen. Stellen Sie das auch für Warendorf fest?

Amsbeck: Wir hatten im gesamten Stadtgebiet im Jahr 2022 insgesamt 493 Alarmierungen zu verzeichnen, das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um rund 20 Prozent.

„Die Glocke“: War 2022 ein Ausrutscherjahr oder gibt es einen Trend und, wenn ja, warum?

Amsbeck: Wir beobachten seit Jahren steigende Einsatzzahlen. Die Ursachen sind vielfältig. Zum einen gibt es infolge des Klimawandels mehr Starkregen- und Sturmereignisse mit vollgelaufenen Kellern und auf die Straßen gefallenen Bäumen. Zum anderen wird unsere Gesellschaft immer älter, und mit steigendem Alter wächst auch die Hilfebedürftigkeit. So werden wir beispielsweise immer öfter zu „hilflosen Personen hinter verschlossener Tür“ gerufen.

„Die Glocke“: Starkregen und Stürme sind das eine, aber werden die Sommer nicht in jüngster Zeit immer trockener?

Amsbeck: Richtig, und auch das führt zu mehr Einsätzen infolge von Flächen- und Waldbränden.

Der klassische Brandeinsatz, wie hier im Bild Anfang des Jahres in Milte, kommt eher selten vor. Dafür steigen die Alarmierungen infolge Klimaveränderung und alternder Bevölkerung

Angriffe auf Einsatzkräfte hier ein Randphänomen

Amsbeck: Das ist tatsächlich so, nicht zuletzt aufgrund des vermehrten Einsatzes von Rauchmeldern. Allerdings kommt es immer wieder zu Bränden, weil die Leute falsch reagieren, wenn so ein Melder Gefahr anzeigt.

„Die Glocke“: Haben Sie da mal ein Beispiel?

Amsbeck: Wenn in der Küche eines Seniorenheims auf dem Herd ein vergessener Topf brennt, versuchen viele Betroffene zuerst, das Feuer zu löschen. Dabei kann ein Brand, besonders wenn Fett im Spiel ist, schnell außer Kontrolle geraten. Die bessere Idee ist es, den Deckel aufzusetzen, damit das Feuer keinen Sauerstoff bekommt, und den Topf dann ins Freie zu tragen – mit Schutzhandschuhen, versteht sich.

„Die Glocke“: Man hört immer wieder von technischen Defekten als Brandursache. Was ist darunter zu verstehen und wie kann man dem vorbeugen?

Amsbeck: Die Brandursache wird in der Regel durch Sachverständige der Polizei ermittelt, wir als Feuerwehr erfahren davon aber meist nichts. Natürlich sollte jeder darauf achten, nur technisch einwandfreie Geräte in Betrieb zu nehmen und beispielsweise Mehrfachsteckdosen nicht durch zu viele Geräte zu überlasten. In öffentlichen Gebäuden schaut zudem der Brandschutztechniker der Stadt regelmäßig vorbei. Für den privaten Bereich gibt es diese Möglichkeit in Warendorf aber nicht. Erster Ansprechpartner könnte der Schornsteinfeger sein, der normalerweise auch auf dem neuesten Stand ist, was technisches Fachwissen angeht und regelmäßig ins Haus kommt. Aber generell ist jeder selbst in der Verantwortung, sich und sein Eigentum zu schützen.

„Die Glocke“: In der Silvesternacht gab es in vielen Städten Angriffe auf Feuerwehrleute. Kommt so etwas in Warendorf mittlerweile auch vor?

Amsbeck: Das ist im ländlichen Bereich eher ein Randphänomen, mir sind bislang kaum Angriffe auf Kameraden bekannt. Im Bereich der Rettungskräfte sieht das schon anders aus. Es scheint aber so, dass die Probleme umso größer werden, je größer die Stadt ist. Angriffe sind nicht zuletzt deshalb fatal, weil weniger junge Menschen Dienst in der Feuerwehr tun wollen, wenn sie dort um ihr Leben fürchten müssen.

Beim Nachwuchs gut aufgestellt

Amsbeck: In diesem Bereich sind wir sogar sehr gut aufgestellt. Es gibt eine Jugendfeuerwehr und in drei Löschzügen, in Warendorf, Hoetmar und Einen, haben wir bereits Kinderfeuerwehren aufgebaut. In der Kinderwehr können sich Jungen und Mädchen bereits im Alter von sechs bis zwölf Jahren engagieren. Die Nachfrage ist so groß, dass wir sogar gezwungen waren, Wartelisten aufzustellen.

„Die Glocke“: Früher gab es „Jammerkampagnen“, bei denen die Feuerwehrleute symbolisch Löscheimer an die Haushalte verteilten mit dem Hinweis, die Wehr selbst sei bald personell nicht mehr in der Lage, zu löschen, wenn sich nicht Nachwuchs einstelle. Diese Zeiten sind vorbei?

Amsbeck: Das war damals die völlig falsche Strategie. Da haben sich die jungen Leute natürlich gefragt, warum sie einer Feuerwehr beitreten sollten, für die sich ohnehin niemand mehr interessiert.

„Die Glocke“: Und wie begeistert man den Nachwuchs richtig für den Dienst?

Amsbeck: Früher wurden junge Menschen erst ab dem 17. Lebensjahr in die Feuerwehr aufgenommen. Bis dahin waren die meisten längst an anderer Stelle aktiv, ob im Sportverein oder beim Roten Kreuz. Heute setzen wir schon bei den Jüngsten auf deren Technikbegeisterung und ihr Interesse an den großen, roten Autos. Im jugendlichen Alter wissen die Menschen dann die Kameradschaft und den Zusammenhalt in der aktiven Truppe bereits zu schätzen und bleiben bei der Stange, bis sie mit 67 Jahren in die Ehrenabteilung befördert werden. Bis dahin werden sie auch ihre Kinder und Enkel durch ihr Beispiel dazu motiviert haben, über eine frühe Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr zumindest nachzudenken.

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